Bauwerke

Kolowrat-Gruft in Týnec

Die Region Týnec

Die Lokalität und ihre Lage

Der bedeutendste Marienwallfahrtsort in der Region Klatovy (Klattau) war bis 1685 Týnec (Teinitzel). In den 60er Jahren des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts erlebte der Ort eine goldene Ära, als die hiesige Marienkirche zum Ziel zahlreicher barocker Pilgerprozessionen wurde. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbaute die hiesige Obrigkeit hier einen repräsentativen Sitz mit Barockschloss, mit dem weitere Bauvorhaben in der nahen Umgebung verbunden waren. Týnec wurde so zu einer der bedeutendsten Barocklokalitäten der Region.

Týnec erstreckt sich am Hang des Berges Úliště in einer Höhe von über 500 m über dem Meeresspiegel ungefähr 5 km südwestlich von Klatovy. Zur Zeit hat die Gemeinde 340 Einwohner (31. 12. 2016), bei der ersten Volkszählung (1869) waren es 634 Einwohner. Die Berní Rula (Steuerrolle – Untertanenverzeichnis für Böhmen) gibt an, dass das feudale Herrschaftsgut mittlerer Größe „Tejnec“ ab dem Jahr 1624 in Besitz von Albrecht Krakowský von Kolowraty als Teil des Pilsner Kreises war.

Dieses, das größte Herrschaftsgut in der Region Klatovy, umfasste im Januar 1655 135 Untertanenobjekte in 16 Dörfern (Týnec, Vacovy, Jarkovice, Lomec, Dolní a Horní Lhota, Rozpáralka, Onen svět, Chvalšovice, Předvojovice, Stojanovice, Čeletice, Mochtín, Srbice, Radinovy und Vrhaveč). Die Struktur der genannten Objekte bilden 82 Gutshöfe (Bauernwirtschaften), von denen 20 als abgebrannt oder verlassen gekennzeichnet waren, 40 Katen (Kätnerwirtschaften), von denen 3 als abgebrannt oder verlassen gekennzeichnet waren und 13 Gärten (Gärtnerwirtschaften, 2 verlassen).

Týnec lag am alten Landweg zwischen Bayern und Tschechien, der Teil des heiligen Jakobswegs war. Es handelte sich konkret um den südlichen Zweig, den sogenannten Regensburger, der Prag, Pilsen und Regensburg verbindet und auf unserem Gebiet durch die Orte Nepomuk–Klatovy–Kdyně–Všeruby (Grenzübergang) führte. In der Umgebung von Týnec führte er durch die Orte Strážov–Lehom–Javor–Klenová–Rozpáralka–Týnec–Loreta–Luby–Klatovy. Dieser sehr wichtige Weg kreuzte sich in Regensburg mit dem Donau-Weg/Magistrale, bedeutendster Verkehrsweg in der gesamten Region Südwestbayern.

Kurze Geschichte

Die strategische Lage von Týnec lockte schon in vorchristlicher Zeit zur Besiedlung. Menschliche Spuren sind hier schon in der Mitte des 9 Jahrhunderts nachgewiesen, womit Týnec zu den ältesten Siedlungen in der Region gehört. Zur weiteren Entwicklung kam es im 13. Jahrhundert, als das Dorf dem Prager Benediktinerinnenkloster des heiligen Georg auf der Prager Burg (1227) gehörte. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erhielt sie das Herrschergeschlecht „z Týnce“ (von Teinitzl) und baute hier eine Festung mit Kirche, die der heiligen Jungfrau Maria geweiht war. In der Zeit der Hussiten war Týnec dem Herrschergut Klenová zugeteilt, spätestens in der Mitte des 16. Jahrhunderts ist das Dorf verödet. Dessen Wiederbelebung fällt in die Zeit nach 1554, als Týnec vom Ritter Bořivoj Rochce von Otova gekauft wurde. Er brachte Untertanen in das Dorf, erneuerte die alte Festung, den Herrscherhof und gründete offensichtlich auch eine Brauerei. Im Jahr 1584 wurde Týnec an Jan Widersperger von Widersperg verkauft, der hierherzog und sich an die Erneuerung der Kirche machte. Bis jetzt erinnern Wandfresken am Triumphbogen, die Eingangshalle mit strahlenförmigem Kreuzgewölbe an der Westseite der Kirche oder die mit reichen Schnitzereien versehene Tür des Südeingangs aus dem Jahr 1617 an ihn. Die Widersperger hinterließen noch in den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts in der Kirche ihre Spuren in Form des untereren Altarteils mit schraubenartigen Säulen (1630) und einer Grabsteinplatte über dem Eingang ins Familiengrab auf dem Fußboden vor dem Hauptaltar (1638).

Týnec als Zentrum von Pilgern im Barock und aristokratischer Repräsentanz

Im Jahr 1624 erhielt Vilém I. Albrecht Krakowský von Kolowraty (1600–1688) durch Eheschluss mit Anna Eva Widersperger das Týnecer Herrschaftsgut für sein Geschlecht für viele Generationen. Auf wesentliche barocke Umbauarbeiten musste die Týnecer Kirche bis in die 50er Jahre warten und die Renaissancefestung noch länger. Damals zählte das Kolowrater Herrschaftsgut schon zwei Meierhöfe und 135 Gehöfte von Untertanen in 16 Dörfern. Vilém trug im Jahr 1656 zur Schlichtung eines Streites zwischen den Klattauer Jesuiten und den Bürgern über den Bau einer Jesuitenkirche bei. Wahrscheinlich verweilte er deswegen öfter in Týnec und initiierte dort die barocken Umbauarbeiten – der Rest der ursprünglichen Festung an der Nordwand der Kirche wurde abgerissen und durch einen neuen Kirchturm ersetzt. Der Týnecer Friedhof erhielt eine neue Wand, mit der er sich bis heute rühmen kann, im Schlossareal wurde ein Haus für die Verwaltung des Herrschaftsgutes und Buchhaltung gebaut. Der Kirchturm, der im weiten Kreis einen dominanten Punkt bildet, wurde in den Jahren 1659–1660 fertiggestellt. Wahrscheinlich im Zusammenhang damit (spätestens 1661) wurde die Kirche der Himmelfahrt der Jungfrau Maria geweiht (15. August), zwischen 1630–1670 wurde ein Hauptalter mit der gleichen Weihung angeschafft. Dank des Umgangs des Klattauer Kollegiums mit dem Týnecer Herrschaftsgut wurde die Kirche von den Klattauer Jesuiten besucht.

Es ist nicht bekannt, wann der Týnecer Kirche die spätgotische Madonnenstatue mit Jesuskind geschenkt wurde, die ab dem Jahr 1661 durch wundersame Genesungen berühmt wurde. Das erste Wunder geschah in der Týnecer Kirche bei einer nicht spezifizierten Jusuitenfeierlichkeit, bei der es zur wundersamen Heilung des königlichen Klattauer Vogtes Václav František Voškloud und eines unbekannten Blinden vom Herrengut Plánice (Planitz) kam. Dieses Ereignis stand am Beginn Týnecer Wallfahrtstradition des Barock. Der Berühmtheit der neuen Pilgerstätte halfen auch die Klattauer Jesuiten. In den Jahren 1661–1674 wurden auf Fürbitte der Týnecer Mutter Gottes 19 Wunder registriert. In den 60er–70er Jahren des 17. Jahrhunderts wuchs der Zustrom von Pilgern nach Týnec, was den Bau von vier Häusern zur Unterkunft erforderte. Die Pilgermassen trugen zur Entwicklung eines Krämerladens, Spitzenweberei und Tuchproduktion bei. In den Jahren 1666–1669 ließen die Týnecer Patronen für die Wallfahrtskirche drei Glocken gießen. Dank Vilém Albrecht erhielt die Kirche auch eine neue Kanzel für die Pilgerpredigten, im Jahr 1674 wurde das neue hölzerne Herrschaftsoratorium fertiggestellt und vier Jahre später der Zinntaufstein. Im Jahr 1676 besuchte der Prager Propst Jan Ignác Dlouhoveský von Dlouhá Ves Týnec, um die wunderhafte Statue einer Untersuchung zu unterziehen. Er verweilte hier vom 2. bis 5. Juli und war von der Týnecer Mutter Gottes und dem Pilgerverkehr hier so überwältigt, dass er zwei Jahre später das nicht erhalten gebliebene Buch Über die Teinitzer Jungfrau Maria herausgab. In der Zeit der größten Blüte fanden in Týnec jedes Jahr acht große Wallfahrten zu den Hauptmarienfeiertagen statt, an denen auch Prozessionen bis aus Bayern teilnahmen.

In die Barockgeschichte von Týnec schrieb sich auch Viléms Sohn Maxmilián Norbert Graf Krakowský von Kolowraty (1660–1721) ein, der im Jahr 1705 in Týnec die selbständige Pfarrei wiederherstellte (bis dahin hatte das Týnecer Schloss unter Janovice nad Úhlavou gehört) und er ließ dort den Altar der Vierzehn Nothelfer einrichten. Diese Schritte waren Bestandteil von Maximiliáns Bemühungen aus Týnec ein repräsentatives Zentrum für sein Geschlecht zu machen. In den Jahren 1704–1710 ließ er in der Nähe der Renaissancefestung, die von seinem Vater Vilém 1683–1684 barockisiert worden war, nach Entwürfen des italienischen Architekten Giovanni Battista Alliprandi ein grandioses Schloss im Stil des Hochbarock bauen. Der Bau, der die Familienkasse ruinierte, wurde in der heutigen Form erst um das Jahr 1760 herum durch Maximiliáns Sohn Jan Josef fertiggestellt. Inhalt von Maximiliáns Bemühungen aus Týnec einen repräsentativen barocken Familiensitz mit allen Attributen zu machen war auch die Gründung der großartigen Kapelle des heiligen Johannes von Nepomuk nach Entwürfen von G. B. Alliprandi nördlich vom Schloss (vor 1707) ebenso wie die Stiftung seiner Ehefrau Maria Barbora, Gräfin von Wrbna und Freudenthal, die im Jahr 1711 nordöstlich von Týnec eine Loretokapelle errichten ließ. Auch Maximilián Norbert hielt regen Kontakt zu dem Klattauer Jesuitenkollegium und nach einem vernichtenden Brand im Jahr 1689 wurde er zu einem der bedeutendsten Mäzene seines Wiederaufbaus. Die Klattauer Jesuiten belohnten ihm diese Aufmerksamkeit mit häufigen Besuchen in Týnec, oft mit musikalischer Begleitung. Zur Týnecer Jungfrau Maria kam um den Feiertag Mariä Heimsuchung und Maria Himmelfahrt herum (2. Juli und 15. August) regelmäßig die Prozession der lateinischen Sodalität (studentische religiöse Bruderschaft), oft begleitet von Pauken und Trompeten. Die Sodalen brachten oft den berühmten Musikkörper der Klattauer Jesuiten-Seminaristen mit, den sie in der Kirche in eine Gesangsmesse verwandelten. Die Seminaristen besuchten auch die Kapelle des heiligen Johannes von Nepomuk und offenbar auch die hiesige Loreta. Auf beträchtliche Weise werteten sie so die hiesigen liturgischen Rituale auf. Die Týnecer Kirche verfügte dieser Zeit nicht über eigene Musiker, es kam nur einmal in drei Wochen der Schulmeister aus dem nicht weiten Janovice.

Trotz der großartigen Repräsentationsaktivitäten der barocken Týnecer Obrigkeit zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam es nach 1685, als das wundersame Bild der Klattauer Jungfrau Maria Blut schwitzte, zu einem schnellen Niedergang der Berühmtheit der Týnecer Gottesmutter. Mit dem Umfeld, welches die Königsstadt den Pilgern bereitstellte, konnte Týnec nicht konkurrieren. Die Anzahl an Pilgern ging stetig zurück, im Verlauf des 18. Jahrhunderts sind hier nur drei regelmäßige Wallfahrten nachgewiesen, an denen tschechische und deutsche Pilgerprediger teilnahmen – zum Fest Mariä Verkündigung (25. März), zum Fest Unserer lieben Frau auf dem Berg Karmel (16. Juli) und zur Feier Mariä Himmelfahrt (15. August). Trotzdem kam es in dieser Zeit zu weiteren Veränderungen an der Kirche. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts kamen in der Kirche zwei Seitenaltäre, des heiligen Kreuzes und der Vierzehn Nothelfer, hinzu, es wurde im Seitenchor eine Balustrade eingebaut (eine Orgel wurde erst im Jahr 1805 angeschafft) und in den Jahren 1751–1752 wurde ein herausragend konzipiertes Friedhofstor gebaut. Die Pilgertradition zur Týnecer Madonna dauerte bis in 19. Jahrhundert an, Pilgerprediger kamen gelegentlich bis zum Jahr 1835.

Barocker Alltag in der Umgebung des Objektes

Die Landschaft der Týnecer Region wurde im Barock landwirtschaftliche genutzt. Das alltägliche Leben der Menschen auf dem Dorf wurde durch die landwirtschaftliche Tätigkeit und Frömmigkeit des Volkes bestimmt. Die Volksfrömmigkeit der Landbevölkerung (häufig ungebildet) zeigte sich durch den Einbezug des Landlebens in die Kirchenrituale (Segnung von Feldern, Häusern und Früchten) zusammen mit dem Kult der Ehrung der Jungfrau Maria.

Die landwirtschaftliche Nutzung der Region Týnec war ausgerichtet auf die Pflege von Wiesen für die Futterernte und Weiden für die Vieh- und Schafshaltung, auf Ackerflächen wurde Getreide angebaut, hauptsächlich Roggen, Hafer, Weizen, Gerste, eine wichtige Feldfrucht waren auch Erbsen. Eine Frucht, die ebenfalls hinter jedem Haus angepflanzt wurde, war Hopfen. Alten Karten von Böhmen zufolge befand sich westlich von Týnec Wald und offenbar auch ein Hopfenfeld, der herrschaftliche und der allgemeine Wald wurde für die Bau- und Feuerholzproduktion genutzt.

Zeitgenössische Quellen weisen einen hohen Verbrauch an Bauholz auf, insbesondere auch nach den vernichtenden Bränden in den Jahren 1689 und 1700. Bedeutend war auch die Fischteichwirtschaft, welche Brutteiche (Laichen), Aufzugsteiche (Aufzucht) und Hauptteiche (Karpfen) umfassten. In Týnec ist der Betrieb einer Brauerei nachgewiesen, die im Jahr 1900 geschlossen wurde. Die Jahresproduktion lag damals bei ungefähr 2000 hl Bier.

Touristische Nutzung heute

Týnec ist aus Klatovy über Landstraßen erreichbar, zu Fuß dem roten und gelben Wanderwegszeichen nach, aber auch über markierte Fahrradwege. Der gelbe Wanderweg, der eine Abzweigung vom langen roten Wanderweg Klatovy–Strážov ist, führt außer nach Týnec auch am Damm des Teiches Gomora entlang, über die Ruine der Kapelle des heiligen Johannes von Nepomuk in der Nähe des Naturdenkmals Loreta in die Gemeinde Loreta.

Das Naturdenkmal Loreta ist ein Bergbaudenkmal zu einem ehemaligen Kalksteinabbau (Untertagebergbau von kristallinem Kalkstein im Zeitraum 1889–1910), das geologisch, aber auch speläologisch von Interesse ist (die Bergwerksstollen sind über 1 km lang) und zoologisch (Winterquartier für Fledermäuse). Auf dem Gipfel des Berges Úliště (690 m über dem Meeresspiegel), der abseits der markierten Strecke liegt, befinden sich interessante Felsformationen (die interessanteste ist Žába). Abseits vom markierten Weg liegt auch die Festung Kouskova Lhota aus dem 16. Jahrhundert.

In Týnec kreuzen sich die Radwege Nr. 2035 und 2098. Außer der Kirche Mariä Himmelfahrt befindet sich in Týnec ein Barockschloss mit Mansardendach (in schlechtem technischem Zustand). In das Týnecer Schloss, das nach 1927 in ein Hotel umgebaut wurde, fuhr zur Wende der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts der Maler und Schriftsteller J. Váchal mit der bildenden Künstlerin A. Macková, der Geigenspieler J. Kubelík mit Sohn Rafael (Dirigent), der Kabarettist K. Hašler und viele andere. Zirka 1,5 km nördlich befindet sich eine bewaldete Felserhöhung mit Ruine der vierseitigen Kapelle des heiligen Johannes von Nepomuk, an dessen Fuß die Siedlung Loreta mit barocker Wallfahrtsloretokapelle liegt.

Nicht weit von Týnec befindet sich die Burgruine Klenová. Die Burg war Geburtsort des hussitischen Hauptmanns Přibík von Klenová und des humanistischen Weltenbummlers, Schriftstellers, Politikers und Musikkomponisten Kryštof Harant von Polžice und Bezdružice. Das Geschlecht der Herren von Klenová war verbunden (durch Fälschung – mit den Grünberger Handschriften) mit der Legende über Chrudoš und Šťáhlav. Im örtlichen Schlösschen sind Sammlungen der tschechischen Malerei vom 19. und 20. Jahrhundert installiert.