Bauwerke

Pilgerkirche der heiligen Anna

Heilige Anna (Tanaberk)

Genesung durch die Gunst der heiligen Anna – Pilgerberg Tanaberk

Zum Zentrum der Ehrung der heiligen Anna auf dem Gebiet des Böhmerwaldes und des Bayrischen Waldes wurde seit Beginn des 18. Jahrhunderts die Pilgerkirche der heiligen Anna auf dem Tannaberg auf dem Neumarker Pass, das sich nordöstlich von der Gemeinde Hájek befindet. Während des 18. Jahrhunderts entstand neben der Kirche ein kleines Pilgerareal, das aus dem Pfarrgebäude und dem Pilgerhaus bestand.

Das auslösende Wunder ereignete sich am 25. Juli 1703. Der Všeruber (Neumarker) Kantor und Orgelspieler Franz Peyer (František Pajer) litt an Trübsinn und Depressionen. Bei einem Spaziergang auf den nicht weit entfernten Tannaberk erschien ihm am frühen Abend zum Namenstag der heiligen Anna am Himmel ein rätselhaftes Leuchten, das die umliegende Landschaft mit einem klaren Licht in Farbe tauchte. Nach diesem Zeichen verschwanden seine psychischen Leiden. Zwei Jahre später ließ Franz Peyer auf dem Berggipfel aus Dankbarkeit für seine wundersame Genesung ein kleine Holzkapelle erbauen. Die Kunde von dem Wunder verbreitete sich rasch in Böhmen und Bayern und Pilger aus dem Umland begannen die Kapelle der heiligen Anna aufzusuchen. Viele Menschen genasen dort oder wurden vor dem Tode gerettet und der Ruhm des Ortes wuchs weiter. Nur in den Jahren 1707–1717 wurde der Ort von 170 000 Gläubigen besucht, also von ungefähr 17 000 Pilgern im Jahr.

Ab dem Jahr 1711 ließ sich hier der Franziskaner Terziar Bruder Martin Lorenz als Pilger nieder und diente dem heiligen Ort bis zu seinem Tod im Jahr 1747 treu. In Zusammenarbeit mit dem Tannaberker Anbeter und dem Všeruber Pfarrer Schübl engagierten sich die Klattauer Jusuiten in der Sache. Authentische Nachrichten über das Tannaberker Wunder brachte Peyers Sohn Anton (1693–1711) in das Klattauer Jesuiteninternat, der das Wunder damals als zehnjähriger Junge erlebt hatte. Sein Vater schickte ihn ans Klattauer Jesuiten-Gymnasium, wo er dann als Schüler der Poetik im Jahr 1711 verstarb. Ein Jahr später (1712), als die Prager Erzbischofskommission die bisherige Tannaberker Genesung durch die Gunst der heiligen Anna als Wunder anerkannt hatte, begannen Bauarbeiten an einer neuen Pilgerkirche. Die Klattauer Jesuiten bestellten den Baumeister Marc Antonio Gilmetti aus Nýrsko, der aus Norditalien stammte und der in Klatovy (Klattau) bereits im Jahr 1692 die Fassade der Dekanatskirche barockisiert hatte und nachfolgend die Dominikanerkirche des heiligen Laurentius erbaute (1694–1707). Jetzt beendete er gerade den Bau der Pfarrkirche der Vierzehn Nothelfer in Nýrsko. Für den Bau der Pilgerkirche auf dem Tannaberk brauchte er fünf Jahre (1712–1717) und die Kosten dafür betrugen nur 20 000 Goldtaler.

Der in der Region eher konservativ orientiert wirkende Baumeister Gilmetti, der sich auf norditalienische Renaissancevorlagen stützte, schuf hier eines seiner originellsten Bauwerke. Den ankommenden Pilgern musste es auf den ersten Blick gefallen – das ostwestlich ausgerichtete Kirchenschiff mit ellipsenförmigen Grundriss und hoher mittiger Rotunde, um die herum zum Schiff hin ein verbindender Kreuzrundgang führte, der die Pilger schützte. Darüber waren Emporen plaziert. Die Rotunde wurde von einer Attika gekrönt, die Gilmetti mit Vasen und Figuren der Unbefleckten Empfängnis besetzte, den Erzengel Michael und den heiligen Wenzel, Rochus, Florian und Sebastian, alle größer als lebensecht.

Die Verwalter des Kouter (Kauther) Herrschaftsgutes, auf deren Gebiet sich die neue heilige Stätte befand, die Grafen Stadion aus Tannhausen, erfassten deren Bedeutung und im Jahr 1723 ließen sie auf dem Tannaberg ein Pilgerhaus erbauen. Noch in der Mitte der 20er Jahre des 18. Jahrhunderts (1725–1727) verliefen Arbeiten am Interieur der Kirche, insbesondere die Freskenmalerei. Die Kirche wurde unmittelbar danach intensiv musikalisch-liturgisch genutzt. Nachweis sind die Pauken aus dem Jahr 1729, die sich hier noch im Jahr 1902 befanden. Nach dem Tod des Všeruber Pfarrers Schübl klang das Interesse der Neumarker Pfarrei an der Verwaltung des neuen Pilgerortes ab und im Jahr 1740 übernahm die Kouter Herrschaftlichkeit das Patronat darüber.

Nach dem Tod von Bruder Lorenz (1747) bauten die Stadioner bei der Kirche ein Pfarrgebäude und fundierten sie mit zwei Priesterstellen. Tannaberk wurde so zu einer Pfarrei. Als erster Tannaberker Pfarrer wurde P. Jan Valerián Heidl eingesetzt, der hier vom Jahr 1748 bis zu seinem Tode im Jahr 1754 wirkte. Das Josephinische Verbot von barockem Pilgern in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts oder die bayrische Säkularisierung (1803) bedrohten der Betrieb dieser heiligen Stätte nicht merklich, insbesondere deswegen, da sich Tannaberk der ungebrochenen Gunst der Grafen Stadion erfreute, die hier vor dem Hauptaltar ihr Familiengrab hatten. Einen weit größeren Schaden trug die Kirche im Jahr 1809 davon, als sie von napoleonischen Soldaten geplündert wurde. Dank der Großzügigkeit der Patrone gelang es, die Schäden zu beseitigen und im Jahr 1816 nahm bei der Kirche eine Pfarrschule den Betrieb auf. Auch die örtlichen Priester und Ansässigen wurden weiterhin hier bestattet.

Eine Katastrophe für das Bauwerk stellte ein Brand dar, der am Tag der Heiligen drei Könige (6. November) des Jahres 1865 in der Kirche ausbrach und die ganze Kirche so beschädigte, dass nur die Außenmauern stehen blieben. Vom Barockinventar der Kirche wurde nur das Bild der heiligen Anna gerettet. Bei den anschließenden Bauarbeiten wurde das Aussehen des gesamten Baus bedeutend verändert. Zwei kleine Barocktürme über dem Westportal wurden nicht mehr erneuert, dafür wurde über der Rotunde eine mächtige Kuppel aufgerichtet. Diese war höher als der Hauptostturm, der im Jahr 1868 eine neue Glocke erhielt. Die neue Kuppel belastete die Außenmauern zu stark und deshalb wurde sie im Rahmen weiterer Bauarbeiten 1897 abgenommen und durch ein einfaches Zeltdach ersetzt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellte die Tannaberker Pfarrei einen tschechischsprachigen Außenposten am Rande des deutschen Gebietes dar.

Im Jahr 1898 kauften Domažlicer (Tauser) Touristen das Tannaberker Gasthaus von den Kouter Grafen und der barocke Ort wurde bis zum Zweiten Weltkrieg ein beliebtes Fremdenverkehrszentrum. Vor der Kirche wird an den Brunnen erinnert, in den Wasser aus dem einsamen Hamličky führte. Über der Kirche zogen sich bereits im Vorkriegsjahr 1938 die Wolken zusammen, als es den Untaten der Deutschen ausgesetzt war. Die Katastrophe brachte jedoch die Nachkriegszeit. Gleich im Jahr 1945 zogen Grenzbeamte in das Pfarramt ein, in der Kirche wurden Pferde abgestellt, das Holzinventar der Kirche wurde als Brennholz benutzt. Die Grenzbeamten zögerten auch nicht dabei, auf die Wandmalereien der Kirche zu feuern. Vor dem Jahr 1950 rissen Soldaten die Touristenunterkunft nieder, nach 1950 kam auch das barocke Pfarrgebäude an die Reihe. Ein Teil des Dachs der vernachlässigten Kirche stürzte im Jahr 1967 mitsamt der Attika ein und bis auf die Statue des heiligen Wenzel wurden alle anderen zerstört. Die ersten Bauarbeiten begannen im gelockerten Jahr 1968, eine weitere Phase an Reparaturarbeiten fand erst zehn Jahre später statt (1978–1979). Ein Wende zum Guten bedeutete für die Pilgerkirche die erneute Lockerung der Grenzen und die Wiederbelebung der deutsch-tschechischen Pilgerreisen 1990. Auch dank dessen konnte es in den Jahren 1992–1995 zur Generalrenovierung der Kirche in Eigenhilfe kommen. Seit 2008 pflegt den Bau die Genossenschaft Tanaberk.

Die Lokalität und ihre Lage

Die Pilgerkirche der Heiligen Anna steht auf dem Gipfel des Tanaberks (Tannabergs) in einer Höhe von 515 m über dem Meeresspiegel nicht weit von der Gemeinde Hájek. Der Ort liegt im Neumarker Pass, (512 m über dem Meeresspiegel), der die Grenzlinie von Oberpfälzer Wald und Böhmerwald darstellt. Durch den Pass führte eine alte Handelsroute des Böhmischen Königreiches nach Bayern, die in der Gemeinde Všeruby (Neumark) an den ostbayrischen Jakobsweg anband.

Barocke Alltäglichkeit in der Umgebung des Objektes

Die Stadioner hatten sich den Ort für den Bau ihrer Familiengräber ausgesucht. Das Gebiet war unter Verwaltung des Herrengeschlecht der Riesenberger, zu dem auch ausgedehnte Grenzwälder gehörten. Diese wurden ab Beginn des 16. Jahrhunderts durch die Gründung neuer Dörfer mit der Leihgabe bestimmter Freiheiten für die neuen Bewohner, die vor allem aus Bayern kamen, kolonialisiert. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg Rýzmberk (Riesenberg) von der kaiserlichen Armee eingenommen, die auch das nicht weit entfernte Domažlice (Taus) besetzte. Durch den Krieg litt so auch die hiesige Bevölkerung. In der Zeit des „Logierens“ der kaiserlichen Armee wurde die Bevölkerung in der Region mit hohen Kontributionen (Gebühren für die Finanzierung von Militärangelegenheiten) belastet. Ende des 17. Jahrhunderts wird der Kreis mit industrieller Herstellung verbunden. Im nicht weit entfernten Kdyně (Neugedein) wurde vor dem Jahr 1696 durch das Adelsgeschlecht der Lamminger eine Textilmanufaktur gegründet, welche die älteste ihrer Art in Böhmen ist.

Touristische Nutzung heute

Die Umgebung der Lokalität Tannaberk bietet mit den Naturparks Oberer Bayrischer Wald und Oberpfälzer Wald, dem Neumarker und Schwihauer Bergland mit bewaldeten Bergkuppen und zahlreichen Naturdenkmälern und Naturreservaten eine attraktive Naturumgebung. Schöne Aussichten in die Landschaft ermöglichen die vielen Aussichtspunkte, die durch Aussichtstürme – in Nová Ves u Kdyně (Neudorf bei Neugedein), auf dem Koráb, auf Rýzmberk und in Tlumačov (Tilmitschau) ergänzt wurden. Der Blick von Bayern in die Umgebung der Lokalität Tannaberk bietet sich von den Aussichtstürmen Kleinaign u Eschlkam.

Die beachtenswerte Geschichte der Region ist mit den örtlichen Lokalitäten verbunden – der Gemeinde Brůdek (Fürthel) – Schauplatz der Schlacht im Jahr 1040 (angeblich an der Stelle, wo heute die Kirche des heiligen Wenzel steht), wo das böhmische Heer, geführt vom böhmischen Herzogs Břetislav I. über das deutsche Heer mit dem römischen König Heinrich III., der Schwarze, an der Spitze, siegte. Zwischen den Gemeinden Spáňov (Spanow) und Kout im Böhmerwald befindet sich das Denkmal zur Schlacht bei Domažlice (1431), wo sich das deutsche Heer des 4. Kreuzzuges vor den sich nähernden Hussiten zurückzog, die von von Prokop Holý angeführt wurden und den Choral „Ktož sú boží bojovníci“ (Wer sind Gottes Krieger) sangen. Das Denkmal stellt den Hut dar, den Kardinal Giuliano Cesarini bei seiner Flucht vor den Hussitentruppen verloren hatte. Vor den Truppen der Hussiten versteckten die Bewohner von Loučim (Lautschim) ihre Statue der Jungfrau Maria im nicht weit entfernten bayrischen Neukirchen b. hl. Blut (sieh Text, der dieser Lokalität gewidmet ist).

Zu den historischen Objekten gehören auch die Ruinen der Burgen Rýzmberk (Riesenberg) mit Waldtheater und Starý Herštejn (Hirschstein), Festung und Schloss in Kout im Böhmerwald. Historisch nachgewiesen ist auch die Burg Hradiště Příkopy, ein alter Sitz des Geschlechtes der Drslavicer, auch Starý Rýzmberk genannt, mit angenommener Gründung nach der erwähnten Schlacht im Jahr 1040. Zentrum der Region ist die Stadt Kdyně mit den historischen Objekten alte Spinnerei und Synagoge. Die Geschichte der gesamten Region und die tschechisch-bayrischen Verflechtungen und Beziehungen sind im Grenzgebietsmuseum für den Kreis Kdyně zusammengefasst. Ein weiteres architektonisches Denkmal sind die Smolov-Eisenbahnbrücke oder das Dobříkover Viadukt auf der Eisenbahnstrecke Domažlice–Klatovy, Volksarchitektur in Chodendörfern, zum Beispiel mit Denkmalshaus auf dem Marktplatz in Mrákov (Mraken). Eine Auszeit im Aquapark bietet das „Centrum vodní zábavy“ (Wassersportzentrum) in Kdyně, Erfrischung dann die Brauerei in Kout im Böhmerwald. An die Zeit der geschlossenen Grenze erinnert das Denkmal den Opfern des versuchten Staatsgrenzenübertritts an der Landstraße zwischen den Orten Hájek und Všeruby.

Die Region ist durchzogen von einem Netz von Wander- und Radwegen verschiedenster Niveaus. An der Staatsgrenze schließt sich der tschechische Radweg 3A.2014 an den bayrischen EV13, den sogenannten „Iron Curtain Trail DE/CZ“ (Strecke am eisernen Vorhang entlang), an.