Bauwerke

St. Günther Kirche

Gunther-Hartmanice-Region (St.-Gunther-Kapelle, St.-Gunther-Kirche Dobrá Voda bei Hartmanice)

Die Lokalität und ihre Lage

Am Rande des Nationalparks Böhmerwald, zwei Kilometer südlich von Hartmanice (Hartmanitz) am Fuße des Berges Březník (St. Guntherberg) befindet sich ein alter Pilgerort mit dem Namen Dobrá Voda (Gutwasser) mit einem Heilwasserbrunnen. Die kleine Siedlung nannte sich lange nach dem nicht weit entfernten Berg (Březník, Březnice). Ihren heutigen Namen Dobrá Voda (Gutwasser) erhielt sie erst später aufgrund der Heilquelle, die nicht weit von der St.-Gunther-Kirche entspringt. Dobrá Voda und das anliegende Březník gehörten zu den bedeutendsten Pilgerstätten des barocken Böhmens, die auf der Trasse des sogenannten Gunther-Grenzland-Weges lagen. Nach dem kommunistischen Umschwung wurden sie Teil eines militärischen Übungsgebietes. Die ansässige Bevölkerung wurde umgesiedelt und der Großteil der Häuser vernichtet. Einige Objekte wurden für den Bedarf der Armee erhalten, darunter auch die St.-Gunther-Kirche. Nach dem Jahr 1989 stiegen Dobrá Voda und Březník wieder aus der Asche hervor.

Dobrá Voda bei Hartmanice und Umgebung – Zentrum der barocken Guntherverehrung in Böhmen

Die Geschichte des Ortes wird ab 1040 geschrieben, als sich der Benediktiner Ordensbruder und Einsiedler Vintíř (Gunther) definitiv dazu entschlossen hatte, das von ihm gegründete Kloster Rinchnach im Bayrischen Wald zu verlassen und sich in den tschechischen Teil des Grenzwaldes aufzumachen, um hier meditierend die letzten Jahre seines Lebens zu verbringen. Die Wahl des tschechischen Teils des Grenzwaldes hing sicher mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Politik des deutschen Kaisers Heinrich III. gegenüber Böhmen zusammen, 1040 darin gipfelnd, dass die kaiserlichen Truppen nach Böhmen gegen Fürst Břetislav I. gezogen wurden. Gunther wählte einen Felsen auf dem Berg Březník (Gunterfelsen) in der Nähe von Hartmanice, unter anderem auch wegen dem nicht weiten Straßenzoll auf dem Böhmweg, der Bayern mit dem tschechischen Inland verband. In einer Höhle dort baute er sich eine Einsiedelei, wo er auch am 9. Oktober 1045 starb.

Mit Gunthers letztem Aufenthalt und seinem Tod sind Legenden verbunden, die zur Popularität des Heiligen beitrugen und insbesondere in der Zeit des Barock die Anzahl der nach Dobrá Voda kommenden Pilger erhöhten. Einer Legende zufolge soll fast jeden Tag eine Hirschkuh zur Einsiedelei gekommen sein, um dort mit ihm zu verweilen. Dadurch wurde die Hirschkuh eines der Attribute des Heiligen. Erhöhte Aufmerksamkeit widmete die barocke Frömmigkeit der legendären Darstellung des Todes des Heiligen. Den sterbenden Einsiedler fand der Přemysliden-Herzog Břetislav, der dort zur Jagd war. Zu Gunthers Einsiedelei hätte ihn ein schöner stattlicher Hirsch geführt. Břetislav schickte den Prager Bischof Severus zu Gunther, der dem Heiligen die Sterbesakramente erteilte. Der barocken Tradition nach umgaben seinen Körper, bevor er starb, ein wunderbarer Duft und ein heiliges Licht, wie von einer im unbefleckten Glanz strahlenden Rose. Auf Wunsch des Einsiedlers ließ Břetislav seine Überreste ins Benedikterkloster Břevnov bei Prag überführen, wahrscheinlich deshalb, weil das Kloster in dieser Grenzregion die Vorherrschaft hatte. Gunthers Grab im Kloster Břevnov wurde so ab Beginn des 15. Jahrhunderts zum Hauptzentrum der Guntherehrung.

Nach Gunthers Tod wurde seine Höhle von weiteren Einsiedlern bewohnt. In den Jahren 1327–1331 wurde am Fuß des Berges ein neuer Straßenzoll errichtet. Während des 14. Jahrhunderts gewann die eisenhaltige, leicht radioaktive Quelle, die am Fuße des Berges Březník unter der ehemaligen Einsiedelei entspringt, an Beliebtheit. Ihr wurde – neben der Fürbitte zum heiligen Gunther – heilende Wirkung zugeschrieben. Die Einsiedelei im Böhmerwald wurde als heilig geehrt und bei dem Brunnen wurde eine kleine Holzkapelle und eine Säule mit einer Statue des Heiligen gebaut. Bei der Quelle und dem Wegezoll entstand eine Siedlung, die lange Březnice genannt wurde, allerdings bewirkte die wachsende Berühmtheit der Heilquelle, dass sich allmählich der Name Dobrá Voda (Gutwasser) durchsetzte. Das Interesse von Guntherpilgern an Březník und Dobrá Voda stieg beträchtlich nach dem Jahr 1420 an, wo Hussiten das Kloster Břevnov mit dem Grab des Heiligen abgebrannt hatten.

Weitere Nachrichten über das Schicksal des Ortes stammen erst aus dem 17. Jahrhundert. Im Jahr 1602 wird in Dobrá Voda die Existenz eines Meiergutes und einer Feste in Besitz von Jan Čejka von Olbramovice in Němčice erwähnt, der damals auf dem Březník eine Holzkapelle und bei der Heilquelle ein Steinkapelle bauen ließ. Beide waren dem heiligen Gunther geweiht. Im Jahr 1675 entstand bei der Quelle ein Heilbad (St. Günthers-Bad), das bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts existierte. Während des 17. und 18. Jahrhunderts strömten Massen an Pilgern aus Böhmen und Bayern an den Ort Gunthers letzten Wirkens. Zur Einsiedelei und der Heilquelle kamen bayrische Prozessionen aus Osterhofen, Straubing, Deggendorf und Gäubogen; tschechische Verehrer kamen aus Sušice, Velhartice, Strakonice, Blatná oder Domažlice. Intensive Aufmerksamkeit wurde diesen Pilgerorten von den Ordensbrüdern aus den Gunthers-Mutterklöstern in Rinchnach und Niederaltaich gewidmet. Der Niederaltaicher Abt Franz Edler von Dynhard (im Amt 1746–1751), der ehemalige Propst aus Rinchnach, besuchte Dobrá Vodá beispielsweise jedes Jahr bei jedem Wetter. An den Gedenkorten erklangen die Predigten zur Ehrung des heiligen Gunther in tschechischer und deutscher Sprache.

Der Anstieg der Popularität der Pilgerstätte in der Zeit des Barock veranlasste den damaligen Patron des Freiherrn Franz Karl von Villani, Herr von Kundratice und Dobrá Vodá, im Jahr 1706 die hiesige Kapelle in eine Kirche umzubauen. Diese wurde 1735 dank der Gabe von Eleonora, der Fürstin von Mansfeld und einer Beisteuer von Franz Karl von Villani Pfarrkirche und stellte für dreizehn umliegende Siedlungen geistliche Umsorgung zur Verfügung. Beweis für die ständig wachsende Popularität der heiligen Stätte war des Bau eines größeren Kirchenschiffes (1754) und der Anbau eines barocken Kirchturms (1770). Die Kirche erhielt so ihre gegenwärtige Form. Parallel dazu wurde in Dobrá Voda ein Pfarrei und eine Pfarrschule gegründet (1754).

Das Interesse am heiligen Gunther wurde durch die Josephinischen Verbote in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts nicht beeinträchtigt und auch nicht durch die bayrische Säkularisation (1803) und der Zustrom tschechischer und deutscher Pilger dauerte bis weit ins 19. Jahrhundert an. Dies beweist nicht nur der Kauf zweier Glocken für die hiesige Kirche im Jahr 1805, sondern auch der Bau einer steinernen oktogonalen Kapelle über der Heilquelle im Jahr 1820 (sie steht dort bis heute). Im 19. Jahrhunderts wurde die Holzkapelle auf dem Březník abgerissen und durch eine steinerne ersetzt und vor deren Eingang wurde ein Kreuz aus Gusseisen platziert. In Dobrá Voda gab es damals außer dem Kurbad und der Schule auch ein Gasthaus, das der Erfrischung und Unterbringung der Pilger diente.

Ein sicherer Rückgang des Pilgerverkehrs setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Im Jahr 1840 endete die Tradition des parallelen tschechischen und deutschen Wallfahrtspredigens, zwanzig Jahre später musste wegen sinkender Nachfrage an Gästen für beinahe zweihundert Jahre das St. Günthers-Bad geschlossen werden. Dobrá Voda wuchs aber dennoch weiter. Im Jahr 1910 standen hier knapp zwei Dutzend Häuser und es wohnten hier 156 deutschsprechende Bewohner.

Eine Katastrophe für Dobrá Voda brachte die Entwicklung nach 1945. Die deutsche Bevölkerung wurde ausgesiedelt, 1952 wurde hier ein vom Zugang gesperrtes militärisches Zentrum des Grenzraumes geschaffen. Die Guntherkapelle mit dem gusseisernen Kreuz und die Höhle auf dem Březník wurde von Soldaten in alle Winde verstreut und der Pilgerverkehr endete gänzlich. Insbesondere das Barockinventar der Kirche wurde zerstört oder gestohlen (gerettet wurde nur die Plastik des heiligen Gunther aus dem späten 15. Jahrhundert, die sich jetzt im Böhmerwaldmuseum befindet). Erst im Jahr 1992 konnte die Kapelle auf dem Březník durch Unterstützung von Tschechen und Deutschen in ursprünglicher Form mit Statue der Jungfrau Maria und Bild des heiligen Gunther wieder aufgebaut werden. Wallfahrten zum heiligen Gunther konnten nach vierzig Jahren wieder unternommen werden. Die Kirche in Dobrá Voda wurde repariert und im Jahr 1995 abermals geweiht.

Barocker Alltag in der Umgebung des Objektes

Dobrá Voda war im 17. Jahrhundert Hauptzentrum der Guntherehrung in Böhmen und gleichzeitig Zentrum der regionalen Herrschaftsverwaltung (Meierhof und Feste). Während des 17. und 18. Jahrhunderts vergrößerte und veränderte sich die Lokalität in ein deutsch-tschechisches Gunther-Pilger-Zentrum mit typischer Wallfahrtsortausstattung, bestehend aus einem Gasthaus und insbesondere einem Heilbad. Der Ort wurde regelmäßig von Prozessionen aus Böhmen und Bayern besucht, es wirkten hier tschechische und deutsche Prediger. Mit Gründung des Pfarramtes mit Schule in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die zentrale Bedeutung dieser Wallfahrtslokalität bestätigt und ihre weitere Entwicklung im folgenden Jahrhundert ermöglicht.

Touristische Nutzung heute

Die St.-Gunther-Kirche in Dobrá Voda ist seit Mitte der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts wieder geistliches Zentrum des ganzen Kreises. Bei den stattfindenden Pilgerreisen treffen sich regelmäßig Tschechen, Deutsche und andere Nationalitäten. Obwohl die Kirche im Gebiet eines ehemaligen Truppenübungsplatzes erhalten blieb, war sie doch deutlich beschädigt und aus dem Interieur ist beinahe nichts erhalten geblieben. Deshalb wird sie Schritt für Schritt repariert und restauriert und es wurde über eine Neuausstattung der heiligen Stätte entschieden. Für die Herstellung eines neuen Altars wurde ein traditioneller Rohstoff des Böhmerwaldes ausgewählt – Glas. Der Glasaltar erinnert an die Persönlichkeit des Patrons der Kirche des heiligen Gunther, dem Heiligen von Böhmen, Bayern und Ungarn, die gemeinsamen kulturellen und religiösen Traditionen, die mit seinem Leben verbunden sind. Mit seinen Maßen (4,5 × 3,2 m) und seinem Gewicht (fast 4 Tonnen) haben wir es hier mit einem großen Glaswerk zu tun. Aus Glas ist auch der Kreuzweg, ein gläserner Ambo (Lesepult), Altartisch und Bethlehem. Früher als die Kirche wurde die Steinkapelle unter dem Gipfel des Berges Březník (995 m über dem Meeresspiegel) wiederhergestellt, der letzte Aufenthaltsort des heiligen Gunther (1040–1045). Auch die Umgebung der Kapelle, die bei den erwähnten Pilgerreisen viel besucht wird, wurde in Ordnung gebracht.

An die langjährige Zusammengehörigkeit von Tschechen, Deutschen und Juden in diesem Gebiet erinnert das Dr.-Šimon-Adler-Museum, das der Kultur und dem Leben der jüdischen Bewohner des hiesigen Grenzgebietes gewidmet ist. Š. Adler wurde in Dobrá Voda geboren, war hier Rabbiner und im Jahr 1944 wurde er Opfer des Holocaust im Konzentrationslager Osvětim. Das heutige St.-Gunther-Haus, ehemaliges Pfarrhaus, wurde zu einem deutsch-tschechischen Begegnungshaus, heute genutzt für geistliche und bildende Veranstaltungen, Entspannung und Erholung.

In naher Umgebung befinden sich einige Schlösser – Dolejší Krušec mit Ruine einer Barockkapelle, Palvínov, Kundratice a Karlov. Ein attraktiver Ort ist die Gemeinde Prášily (Stubenbach) mit einem interessanten Informationszentrum, das an die Geschichte des Ortes erinnert, dem Archeopark, der die Geschichte der Kelten vorstellt (6.–1. Jahrhundert vor Chr.) und weiteren interessanten Punkten. In der Nähe befindet sich auf dem Gipfel des Poledník (Mittagsberg, 1315 m über d. Meeresspiegel) ein Aussichtsturm, auf dem Weg dorthin kommt man am See Prášilské Jezero (Stubenbacher See) vorbei. Von der Spitze des Aussichtsturms bietet sich eine wunderschöne Aussicht auf die am meisten geschätzten Gebiete des Nationalparks Böhmerwald. Nicht weit von Kašperské Hory (Bergreichenstein) ragt auf einem Felsen die gotische Burg Kašperk (Karlsberg, 886 über dem Meeresspiegel) empor. Von der Burg hat man ebenso eine schöne Aussicht auf den Böhmerwald und auf den Naturpark Kašperská Vrchovina.